Corona WebLog #13: Switzerland “Slow Down”

Das Corona Virus treibt uns gerade wieder in einen dunklen, schwarzen Tunnel. Überall werden die Massnahmen verschärft. Aber wann kommen wir da wieder raus, wann werden wir ein Licht am Ende des Tunnels sehen? Jeder Tunnel hat ein Ausgang, daher kommen wir da auch wieder raus. Aber schaffen werden wir dies nur alle gemeinsam. Fahren wir dann aus diesem Tunnel heraus, müssen wir akzeptieren, dass wir unser Leben neu justieren müssen. Denn der Sommer hat gezeigt, es war ein Irrtum in die alten Gewohnheiten zurückzudrängen.
In der Schweiz sind seit dieser Woche die Discos, Clubs & Co. geschlossen, die Maskenpflicht wurde weiter verschärft, Kultur und Freizeit punktuell eingeschränkt, maximal 50 Personen an Events, Fernunterricht an den Unis, usw. Auf den ersten Blick sehen die neuen Massnahmen hier in der Schweiz aus, als würden die Wünsche der Wirtschaft höher gewichtet als beispielsweise in Deutschland. Dort wurden, bei viel tieferen Ansteckungszahlen, ein “Teilshutdown” veranlasst, so werden im Gegensatz zur Schweiz auch alle Restaurants im Monat November geschlossen.
Die Schweiz ist sehr föderalistisch geprägt. Dies bedeutet, dass die Staatsmacht auf drei Ebenen verteilt ist: den Bund, die 26 Kantone und über 2000 Gemeinden. Daher basieren die Massnahmen des Bundesrates auf einem Art “Konsultationsverfahren”, in dem sich Wissenschaft, Wirtschaft und Politik eingebracht haben. Zudem sind die am Mittwoch beschlossenen Massnahmen gegen die Corona-Pandemie verbindliche Mindestanforderungen an welche sich alle Kantone und Gemeinden halten müssen. Jeder Kanton kann die Massnahmen weiter verschärfen. So hat die Walliser Regierung zusätzlich Museen, Kinos und Sportanlagen schliessen lassen und Besuche in Altersheimen weitestgehend eingeschränkt.
Viele hätten gerne einen Lockdown gehabt, unsere Regierung hat sich für einen “Slow Down” entschieden. Oder einfacher gesagt, die Schweiz setzt auf das schwedische Modell. Setzt auf Eigenverantwortung während in vielen anderen Staaten die Überzeugung vorherrscht, ohne schmerzhafte Einschnitte werde es nicht gehen.
Der Erfolg liegt nicht an der Schnelligkeit mit welchem die Massnahmen verordnet werden, sondern dass wir Menschen es verstehen und es alle zusammen mittragen. Bereits heute morgen konnte ich beobachten wie ein Ruck durch die Menschen in meinem Umfeld ging. Im Alltag fühlt sich vieles bereits wieder an wie im Lockdown. Zudem habe ich das Gefühl die Aggressivität der letzten Tage ist verflogen, jeder nimmt sich zusammen. Akzeptiert die Situation, vielleicht ist man einfach etwas entspannter. Dies heisst aber nicht unvorsichtiger.
Unsere Regierung wird von der Presse und Wissenschaft mit Unverständnis attackiert. Die Fallzahlen geben den Kritikern vielleicht recht, doch im Gegensatz zur ersten Welle kann das Gesundheitswesen den Ansturm an Kranken noch bewältigen, die Belegung der Intensivstationen sind derzeit tiefer als in der ersten Welle. Wenn es gelingt mit diesen Massnahmen die Fallzahlen zu drücken, dann entlasten wir das Gesundheitswesen. Behalten aber auch ein ganz kleines bisschen Lebensqualität, Freiheit und viele von uns ihren Job.
Das schwedische Modell könnte hier in der Schweiz mitgetragen werden. Schweden hatte über den Sommer strengere Vorschriften wie die Schweiz und steht jetzt viel besser da. Vorallem ist es den Schweden gelungen die Bevölkerung mitzunehmen, auch mit Massnahmen zur Reduktion der Kontakte, die strenger waren als jene der Schweiz.
Wir müssen lernen mit dem Virus noch lange zu leben. Das Gesundheitswesen muss dabei funktionieren und die Risikogruppen sind speziell zu schützen. Aber ohne das ganze Land einzusperren. Der Virus wird nicht in den nächsten Wochen einfach so verschwinden, er wird uns noch Jahre begleiten. Auch der Impfstoff ist nicht das Allerheilmittel, sondern wird nur ein Mittel unter vielen zur Bekämpfung der Pandemie sein.
Wir werden also noch durch viele Tunnels müssen, es liegt in der Hand jedes einzelnen von uns wie lange diese Tunnels sind. Doch bekommen wir die Chance das Beste daraus zu machen, soziale Kontakte zu haben und das eigene Leben neu zu gestalten.
Stay well and safe.
Den Verweis auf Schweden kapier ich igendwie nicht in der Corona-Debatte. Höhere Sterberate und (relativ zur Bevölkerung) mehr Tote sind doch nicht wirklich gute Argumente. Ich zumindest bin froh, dass meine Familie, besonders ältere Mitglieder, in Deutschland lebt und nicht in Schweden!
Dies ist absolut richtig und auch ein trauriges Kapital. Ich kenne Schweden relativ gut und habe auch persönliche Kontakte, aber klar es ist schwierig zu beurteilen. Aber die Massnahmen die Schweden im Sommer durchführte, die von einer Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wurde, könnte eine langfristige Möglichkeit für die Schweiz sein. Aber in den nächsten Tagen werden wir sehen, ob die Massnahmen in der Schweiz greifen oder ob wir auch in den Lockdown müssen. Wäre einfach schön, wenn nicht. Danke für Dein Feedback LG Michel