Zwischen den Jahren – mein kleiner Rückblick 2020

Es ist eine liebgewonnene Tradition, dass ich für mich persönlich ein Jahresrückblick erstelle, mein Bloggerjahr etwas reflektiere. Und warum nicht auch für dieses Corona-Jahr?

Meine Fotografie lebt gewöhnlich von meinen Reisen raus in den Nordatlantik: Island, Färöer, Norwegen oder auch Irland. In diesen Covid19-Zeiten waren diese Länder für mich plötzlich unerreichbar. Und so hatte ich anfänglich in diesen Covid19-Zeiten gar keine grosse Lust mich mit der Fotografie zu beschäftigen. Ich brauchte einen Moment bis ich mich mit der neuen Situation abfinden und diese akzeptieren konnte. Langsam begriff ich, dass ich diese Zeit auch fotografisch nutzen sollte. Ich lernte neu zu sehen. Der Wechsel der Perspektive macht oft einen grossen Unterschied. Im Leben wie in der Fotografie.

Motoryachten im Nebel. Die grossen, kräftigen Yachten müssen im Hafen bleiben, umhüllt vom Nebel. Aber diese können nicht raus, denn draussen im Nebel würde sie sich trotz ihrer Technologie einer Gefahr aussetzen. Für mich ein Art Symbolbild für diese Covid19-Zeit – auch ich war wegen Corona wie viele andere „gefangen“ in meinem Zuhause, mein Bewegungsradius wurde sehr klein.

Meine Arbeitsweise mit der Kamera ist ein Reagieren. Permanent beobachte ich. Achtsam zeichne ich meine Umgebung laufend auf. Entdecke ich etwas Interessantes verändert sich mein Atem, ich werde ruhig. Meist spüre ich dann den richtigen fotografischen Moment.

Daher arbeite ich gerne mit kompakten MFT-Kameras. Von aussen nicht erkennbar habe ich eine kompakte, komplette Ausrüstung immer dabei. Bin für den besonderen Moment oder um spontan etwas auszuprobieren immer gut ausgerüstet.

Die Bilder in meinem diesjährigen Jahresrückblick sind genau aus Momenten der Achtsamkeit entstanden. Es sind einfache Bilder, mit denen ich die scheinbare Normalität der Natur oder der Zivilisation mitten in dieser Corona Pandemie spiegle.

Die Texte dazu ergänzen den Kontrast der Normalität der Jahreszeiten mit der Realität dieser Corona-Pandemie die uns Menschen seit diesem Jahr bedroht und vor der wir uns zu schützen versuchen.

Januar

Im Januar ist Corona für mich noch weit weg. Findet am Rand in der Presse statt. Wir diskutieren eher über den frühlingshaften Januar, geniessen die Sonne. Kurze Ausflüge am Wochenende rüber nach Deutschland, nach Meersburg oder auf die Halbinsel Mettnau gehörten ganz normal zu unseren winterlichen Wochenenden am See dazu.

Nebel bildet sich über dem Seerhein und kriecht langsam in die Stadt

Mitten in der Nacht bildete sich der Nebel über dem Fluss, legte sich über das Riet und kroch langsam und leise in die Stadt. Den richtigen Moment hatte ich hier, aber Nachtfotos sind immer eine Herausforderung, der Nebel macht es nicht einfacher. Zudem ohne Stativ, wird es ganz schwierig. Seit diesem aus der Hand geschossene Bild habe ich übrigens immer ein Stativ in Griffnähe.

Februar

Das Corona-Virus ist noch nicht angekommen, bisher bleibt es bei ersten Verdachtsfällen in der Schweiz. Wuhan wird abgeriegelt, erstmals bin ich etwas beunruhigt oder vielleicht eher verwundert über die die Dynamik und Entwicklung des Coronavirus in China. Wie gefährlich ist dieser Virus? Was wenn dieser zu uns kommt?

winterliches Abendlicht über der Marina

Am Seerhein findet der Winter nicht statt. Die ersten Schneeglöckchen blühen. Im Februar haben uns zwar die Stürme Petra, Sabine, Tomris, Bianca & Co. zwischendurch richtig durchgeschüttelt. Insbesondere der Orkan Sabine war heftig, trotzdem gab es glücklicherweise in der Region wenig Schäden. Winterlicher Abendhimmel über der leeren Marina – dieses Bild ist spontan mit einem Smartphone entstanden. Allerdings bis ich mit der richtigen Perspektive zufrieden war, musste ich doch etwas auf der Hafenmauer herumkraxeln.

März

Über Italien erreicht das Corona Virus die Schweiz. Plötzlich geht alles sehr schnell. Die Eishockeysaison wird abgesagt, Schulen geschlossen. Alle Skigebiete werden runtergefahren. Schlussendlich entscheidet der Bundesrat die «ausserordentliche Lage»: Die Armee kommt zum Einsatz, Läden werden geschlossen, die Grenzen werden dicht gemacht. Lockdown Switzerland!

Der Frühling der einsamen Spaziergänge

Trotz des frühen Frühlings, der diesen warmen Winter ablöste, entwickelte ich gar keine Frühlingsgefühle. Diese wurden erstickt in den im Minutentakt aktualisierenden Nachrichten, im unaufhörlichen klingeln des Smartphones und den Bildern aus den Spitälern und leeren Supermarktregalen.

Gegen diese ohnmächtigen, freudlosen Gefühle musste ich etwas tun, ich musste lernen abzuschalten. Raus an die frische Luft, die Bewegung in der Natur tat mir gut und stärkte meinen Körper. Endlich draussen sein, sich frei fühlen, die Ausnahmesituation eine Zeit lang vergessen. Den Frühling spüren!

Und meine Kamera nahm ich einfach mit, sagte dem Frühling kurz Hallo. Fotografierte etwas „trainingshalber“. Denn noch wusste ich nicht, dass meine Reisen und die damit verbunden grossen (Foto-) Momente in diesem Jahr alle ins Wasser fallen würde. Der Lockdown liess bereits meine Skiferien platzen, dies war der erste Vorgeschmack.

Unser „Bird of the year“ – der grosse Brachvogel

Fotografisch war die Begegnung im Ried mit den Brachvögeln ein Highlight, auch wenn das Licht sehr düster war. Das Bild hat meine Frau geschossen. Eines Ihrer ersten Bilder mit der neuen Nikon P1000, eine Kamera die wie gemacht ist für ihre Vogelbeobachtungen. Eigentlich war es ein Training, denn die Kamera hat sie für unsere Reise nach Shetland angeschafft und ersetzte damit ihre Nikon P900. Schlussendlich wurde aus diesem Training unser „Bird of the year“. Wir hätten nie gedacht, dass die Begegnung mit diesen schönen, seltenen Brachvögel unser „Bird Watching“-Highlight in diesem Jahr werden würde. Übrigens die Kamera mit riesigem Zoom, aber kleinen Sensor, überrascht. Vorallem bei guten Lichtverhältnissen kommt richtig Freude auf.

Ein grosse Brachvogel im Flachwasser vor dem Wollmatinger Ried

Der Grosse Brachvogel ist für uns ein Art Lieblingsvogel. Wir können es jeweils kaum fassen, wenn wir einen dieser Vögel hier am Bodensee sehen. Er erinnert uns dann an den Norden, wo im Wattenmeer hunderte oder Tausende von ihnen zu sehen sind. Hier am Bodensee ist er nur an sehr wenigen Plätzen als Brutvogel zu bestaunen und ist als Durchzügler selten geworden.

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