Zwischen den Jahren – mein kleiner Rückblick 2020 (Teil 2)

Es ist eine liebgewonnene Tradition, dass ich für mich persönlich ein Jahresrückblick erstelle, mein Bloggerjahr etwas reflektiere. Und warum nicht auch für dieses Corona-Jahr?
Vorwort aus Teil 1
Meine Fotografie lebt gewöhnlich von meinen Reisen raus in den Nordatlantik: Island, Färöer, Norwegen oder auch Irland. In diesen Covid19-Zeiten waren diese Länder für mich plötzlich unerreichbar. Und so hatte ich anfänglich in diesen Covid19-Zeiten gar keine grosse Lust mich mit der Fotografie zu beschäftigen. Ich brauchte einen Moment bis ich mich mit der neuen Situation abfinden und diese akzeptieren konnte. Langsam begriff ich, dass ich diese Zeit auch fotografisch nutzen sollte. Ich lernte neu zu sehen. Der Wechsel der Perspektive macht oft einen grossen Unterschied. Im Leben wie in der Fotografie.
Die Bilder in meinem diesjährigen Jahresrückblick sind genau aus Momenten der Achtsamkeit entstanden. Es sind einfache Bilder, mit denen ich die scheinbare Normalität der Natur oder der Zivilisation mitten in dieser Corona Pandemie spiegle.
Die Texte dazu ergänzen den Kontrast der Normalität der Jahreszeiten mit der Realität dieser Corona-Pandemie die uns Menschen seit diesem Jahr bedroht und vor der wir uns zu schützen versuchen.

Der zweite Teil meines Jahresrückblicks ist geprägt vom schönen Frühling und der Hoffnung nach dem Lockdown. Aber auch die Erkenntnis, dass meine diesjährigen Reisepläne ins Wasser fallen würden.
April
Wer von uns hätte noch Anfang März für möglich gehalten, dass nur wenige Tage später die schlimmste Krise losbrechen würde, die unsere Welt seit langem erlebt hat. Und der Lockdown mit all diesen Beschränkungen so schnell Alltag werden kann. Ausgerechnet im Frühling, der sich gerade im April von seiner schönsten Seite zeigte, mussten wir zu Hause in der „Selbstisolation“ bleiben. Doch der April war auch der Monat des Aufbruchs. Der Bundesrat verlängerte zwar die bestehenden Massnahmen bis am 26. April und kündigt gleichzeitig für danach eine etappenweise Lockerung an. Ab dem 27. April durften die Gartencenter, Hobbymärkte und Coiffeursalons wieder öffnen. Wir waren auf gutem Weg, den Virus einzudämmen.

Trotz der Hoffnung, war es auch die Zeit der Erkenntnis, dass alle meine Reisepläne dieses Jahr sich in Luft auflösen würden. Vorallem auf die Reise nach Shetland hatten wir uns gut vorbereitet, aber die Nachrichten aus Schottland waren düster. Doch ein bisschen Hoffnung war noch da, vielleicht würde es ja im Juni bereits besser aussehen und wir könnten trotzdem die Reise antreten.
Mai
Unser Land kehrte langsam zur Normalität zurück. Erstmals seit Beginn der Coronakrise konnte ich meine Mutter treffen – zum Spaziergang und Kaffee und Kuchen draussen auf dem Balkon. Und mit der Schwester meiner Frau und ihrem Ehemann zum Distanz-Grillen – sie am oberen Ende das langen Tisches, wir am unteren. Musste schon schmunzeln ob der Verrenkungen, mit denen wir mit weit ausgestreckten Armen Salatschüssel & Co. den Tisch hoch- und runterschoben. Und doch war es ein Fortschritt, es machte Freude.

Im Grundsatz bin ich ein „urbaner“ Mensch, ein Stadtmensch, schätze aber die Überschaubarkeit der ländlichen Gegenden wie hier in der Bodenseeregion.
Am Ufer des Seerheins und an vielen Orten des Bodensees ist es ruhiger und weniger hektisch, als in der grossen Stadt und Agglomeration Zürich. Natürlich ist mein Blick durch diese Idylle verklärt, da ich nur am Wochenende jeweils hier sein kann. Mein Arbeitsleben ist städtisch, mein “Freizeitleben” ländlich geprägt.
Gerade jetzt in der Corona-Krise wirkt das „Landleben“ als Rückzugsort, als einfache Alternative zur komplizierten Realität. Dies ist ein romantischer Trugschluss – die Probleme sind überall die gleichen. Trotzdem wirkten während dem Lockdown die leer gefegten, unbelebten Strassen in den Städten viel härter als das friedfertige, geborgene und harmonische Land.
Und die geplante Reise nach Shetland? Die Fluggesellschaft Edelweiss hat den Flug nach Edinburgh gestrichen, auch der Weiterflug mit der Logan Air nach Sumburgh wurde auf unbestimmte Zeit sistiert.
Juni
Weitere Betriebe durften öffnen. Auch Mittel-, Berufs- und Hochschulen, Museen und Bibliotheken und Zoos nahmen den Betrieb ab 8. Juni 2020 wieder auf. Die Schweizer Grenze zu Österreich, Deutschland und Frankreich ging endlich wieder auf. Alle konnten so die Sonne noch mehr geniessen, durchatmen, draussen sein. Die wiedergewonnene Freiheit wurde allerseits geschätzt und man freute sich so richtig auf den Sommer. Trotzdem galt weiterhin „Abstand halten, Hygienemassnahmen, kein Händeschütteln!“
Fast unbemerkt stiegen im Juni die Fallzahlen – noch auf tiefem Niveau – wieder deutlich an. Der Virus war noch da.

Statt einer schönen Reise nach Shetland gab es bei mir im Juni ein „all inklusive“ Urlaub auf meinem Balkon. Im eigenen komfortablen Liegestuhl und einem guten Buch. Mit Ausflügen im eigenen Land! Und meinen ersten Versuchen auf dem SUP, die natürlich nicht so elegant aussahen, wie bei dieser SUPerin auf diesem Bild.
PhotoLyric: Sommer, unerwartet blüht der Mohn
Die Corona-Krise liess meine PhotoLyric etwas verkümmern, so kamen daher nur wenige dazu. Die Corona-Krise verlangte einem so viel ab, dass für die kleinen Emotionen wenig übrig blieb. In meinen Photo&Lyric poste ich ab und zu Fotografien, welche ich versuche mit „lyrischen“ Texten zu untermalen – zum tiefer reinschauen, bildlich lesen oder einfach etwas nachfühlen.

Sommer, unerwartet blüht der Mohn
berauscht mit rötlichem Ton.
Dahin die krönende Not,
endet nun was uns bedroht?
Widerstand, unser aller war breit,
sorgenschwer war die surreale Zeit!
Verweht was ist,
die neue Uhr nun misst.
Leben, es wird leicht,
überraschend, vielleicht!
Sanfter Wind lässt uns innehalten,
diese andere Zukunft gestalten.
Sommer, unerwartet blüht der Mohn
berauscht mit rötlichem Ton.
Seltsam ist die Leichtigkeit zurück,
momentan ist das Glück.
