Erster schwerer Herbststurm auf Island

Sturmtag auf Island
Stürme gehören zum Nord-Atlantik. Allerdings hinterliess der erste schwere Herbststurm auf Island in diesem Jahr bereits Spuren der Verwüstung.
Aus der Rubrik “Der Traveller”

Bin ich in Island in den Ferien konsultiere ich tagtäglich den isländischen Wetterdienst. Denn ich weiss, dass gerade im Herbst das Wetter schnell umschlägt und Stürme ganz schön heftig werden können. Unvorbereitet kann ein solcher Sturm durchaus zu einer gefährlichen Situation führen.

Auch dieses Jahr erlebte ich wie extrem das Wetter sein kann. Und war froh, dass ich immer ein Auge auf die Wettervorhersagen richtete. Für das letzte Wochenende im September gab der isländische Wetterdienst anfänglich die Warnstufe gelb heraus. Etwas später hob er die Sturmwarnung für unsere Region von gelb auf orange an, für die Region im Osten sogar auf die höchste Warnstufe rot.
Zudem gab der Wetterdienst den Urlauber die Empfehlung, allfällige Reisepläne für den Sonntag unbedingt anzupassen und einen Tag Pause einzulegen.
Isländische T-Shirt Wetter – die Ruhe vor dem Sturm
Der Samstag war ein trügerischer Tag, so quasi die Ruhe vor dem Sturm. Es ging schon eine steife Brise, was für Island nun nichts ungewöhnliches ist. Ungewöhnlich dagegen war, dass die Sonne schien und die Temperatur auf 18 Grad anstieg.

Trotzdem richteten wir uns für den Sonntag zu einem Gluggavedur ein, was auf isländisch “Fensterwetter” bedeutet. Gluggavedur meint diese Art von Wetter, bei dem wir es uns am besten zuhause gemütlich machen und dem Wetter nur durch die Fensterscheibe beim Tosen und Toben zusehen. Daher fuhren wir noch in die 30 km entfernte Stadt Akureyri. Dort kauften wir ein, was uns zu einem gemütlichen Tag im Ferienhaus noch fehlte. Verbrachten noch etwas Zeit in einem gemütlichen Café. Später sassen wir noch eine Weile windgeschützt vor dem Ferienhaus auf der Holzterrasse und genossen die für isländische Verhältnisse sommerliche Wärme. Und in der frühen Nacht freuten wir uns, dass die Wolkendecke immer wieder aufriss und wir Nordlichter beobachten konnten. Bevor wir ins Bett gingen hatten wir alles was wegfliegen könnte reingeräumt, das Auto etwas windgeschützt am Haus parkiert.

In den frühen Morgenstunden drehte der Wind.
Am Sonntag morgen drehte der Wind und der Sturm tobte den ganzen Tag. Böen bis zu 150 km/h rüttelten kräftig am gemieteten Ferienhaus. Immer wieder peitschten Regen und Schneeregen an die Fenster. Der Fjord – der sonst ruhig vor uns liegt – entwickelte sich zu einer rauen See. Wir hatten Glück, alles hielt und rund um uns herum konnten wir keine Schäden feststellen.

Aus den sozialen Medien sowie der isländische Presse haben haben wir dann aber erfahren, dass es zu zahlreichen Schäden gekommen war. Der Chef des ostisländischen Rettungsdienst erklärte in einem Interview, dass er sich nicht an so umfangreiche Schäden erinnern kann.
Herbststurm wütete vor allem in Ostisland
Die Sturm vom Sonntag, 25. September 2022 hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen:
- Rund 70 Touristen wurden aus zerstörten Autos gerettet und ins ostisländische Möðrudalur gebracht. Der Besitzer des Fjalladýrð, ein Bauernhof im Hochland mit einem Guesthouse, nahm die geretteten Urlauber bei sich auf. In diesem sehr abgelegenen Ort mussten sie ausharren, bis die Autovermietungen ihnen neue Fahrzeuge brachten. Der angekündigte Orkan in dieser Region, durch welche die Nationalstrasse Nr. 1 führt, war derart heftig, dass die Seitenscheiben zahlreicher Miet-Fahrzeuge zerschlagen wurde. Daher dauerte auch der Abtransport der kaputten, fahruntüchtigen Autos eine Zeit. Einige dieser Fahrzeuge waren mit Sand, Geröll und Schnee komplett gefüllt.

- das Hafengebiet von Akureyri war überschwemmt
- Schäden an Gebäuden und Booten in Ost-Island
- Insgesamt gab es am Wochenende in Nord- und Ostisland etwa 200 Such- und Rettungseinsätze, bei denen 350 Freiwillige im Einsatz waren
- In Ostisland wurden Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h gemessen.
- Das Kreuzfahrschiff Hanseatic Nature kreuzte den ganzen Sonntag im Eyjafjörður auf und ab, da es im Hafen Akureyri nicht festmachen konnte.
- Bäume wurden vielerorts entwurzelt, beispielsweise ein alter Baumbestand in Djúpivogur. Südlich von Djúpivogur, im Hamarsfjörður hatte es Windgeschwindigkeiten von Böen bis zu 64 m/s gegeben. (entspricht 230 km/h – in Island werden die Windgeschwindigkeiten im Gegensatz zu uns in m/s angegeben.)
- Auch in der isländischen Hauptstadt Reykjavik wurden Dächer, Zäune, Reklametafeln und Wohnwagen beschädigt.
- Zahlreiche Strassen im Gebiet des Myvatn, Ost- und Südisland waren lange gesperrt. In Island gibt es oft keine alternativen Routen.
- u.a. (Quelle Presse in Island, Iceland Review)
Dies zeigt eindrücklich, die isländische Natur sollte nicht unterschätzt werden. Reisende in Island, die im Frühjahr oder Herbst unterwegs sind, sollten immer damit rechnen, dass ein heftiger Sturm gerne mal einen Strich durch die Reiseplanung macht.


Einer der Transporter der die fahruntüchtigen, kaputten Autos von Ostisland nach Reykjavik zurückbrachte (ca. 600km). Eindrücklich die durch den Orkan eingeschlagenen Seiten- und Heckscheiben. Bei den beiden hinteren Fahrzeugen war der Innenraum mit Schlamm und Schnee gefüllt.
Nach dem Herbststurm

Übrigens am Montag war der Spuk vorbei. Islands erster schwerer Herbststurm verzog sich noch in der Nacht und die abziehenden Wolken gaben am Morgen die frisch verschneiten Berge frei. Danach folgte strahlende Sonne und ein winterlich blauer Himmel!
Gut immer ein wenig vorsichtig zu sein…geniesst die Natur…