Reha für Fischadler, Uhu & Co. – die Greifvogelstation Berg am Irchel

Der Fischadler ist sehr selten in der Schweiz zu beobachten. Manchmal entdecken geübte Ornithologen die Vögel während der Zugzeit hoch oben am Himmel. Doch einer der in der Schweiz ausgestorbenen Greifvögel ist zur Zeit Patient in der Greifvogelstation Berg am Irchel.

Dieses Jungtier war auf dem Durchzug und fand es wohl eine gute Idee in einer Fischereiaufzucht nach Beute zu jagen. Dabei muss ihm etwas zugestossen sein. Fast leblos lag er in einem Fischbecken, wurde zum Glück schnell entdeckt. Der Tierrettungsdienst brachte das Tier zur Greifvogelstation Berg am Irchel. Dort wurde der Vogel medizinisch untersucht. Die Diagnose: Erschöpfung!

Inzwischen geht es dem Patient wieder besser und er hat bereits grossen Appetit. Zum Zeitpunkt unseres Besuches befand sich der Vogel in der Flugkammer, was ein gutes Zeichen ist. So wird er in einigen Tagen bis Wochen wieder in die Freiheit entlassen werden.

In der Tat ist so ein «Klinik- und Reha-Aufenthalt» für die Tiere in erster Linie «Freiheitsberaubung». Kommt ein verletzter oder angeschlagener Vogel bei der Greifvogelstation an, wird das Tier erstmals untersucht und fachmännisch verarztet. Dann heisst es für den Vogel ab in die Einzelhaft! Er kommt in eine kleine, dunkle Kiste mit einer Sitzstange und Türchen, durch die er gefüttert werden kann.

Diese Ruhekammer ist heute zentral in der Pflege und wurde von der Gründerin der Greifvogelstation Veronika von Stockar vermutlich in den 1960er Jahren bereits entwickelt. In dieser Box wird der Vogel so lange ruhig gestellt bis seine Verletzung geheilt ist. Die nächste Station ist dann die Flugkammer, ein etwas grösseres Gehege, wo sich der Patient wieder etwas bewegen darf. Bevor die Freilassung ansteht, muss das Tier noch einige Zeit in die grosse Flugvolière, wo er seine Flugeigenschaft wiedererlangt.

Die Vögel werden vor Ort frei gelassen. Fliegen einfach auf und davon. Interessant ist, dass die meisten Vögel direkt bei der Station frei gelassen werden und von dort sofort den Rückweg in ihr Revier finden. Auch wenn dies beispielsweise über 50km entfernt ist. Übrigens die Vögel sagen nicht Danke, diese sind einfach froh, wenn sie von hier so schnell wie möglich wegkommen.

Dankbar sollten wir sein, dass es so ein tolles, kleines Team in Berg am Irchel gibt, die sich der Rettung dieser stolzen Könige und Königinnen der Lüfte verschrieben haben!

Fischadler

Der Fischadler ist ein sehr seltener Patient in der Greifvogelstation. Als Brutvogel sind die Fischadler in der Schweiz schon vor über 100 Jahren ausgestorben. Diese wurden durch Abschüsse ausgerottet, weil die Fischer ihre Konkurrenz fürchteten. Dieser Greifvogel ist mittelgross und schlank. Mit einer Flügelspannweite von rund 1.70 Meter sind sie etwa so gross wie ein Rotmilan. Es gibt ein Versuch, den Fischadler in der Schweiz wieder anzusiedeln. Der Westschweizer Vogelschutzverband «Nos Oiseaux» versucht am Murtensee auf dem gesperrten Landwirtschaftsareal einer Strafanstalt die Wiederansiedlung. Nachdem die ersten beringten Jungadler wieder zurückgekehrt sind, steigt dort die Hoffnung, dass die Wiederansiedlung gelingt.

Uhu

Die grösste Eule, der Uhu, ist öfters Patient in der Greifvogelstation. Oft wird der Uhu mit einem Flügelbruch, einer Kopfverletzung mit Gehirnerschütterung oder Prellungen eingeliefert.

Rotmilan

Der Rotmilan ist nach Bartgeier und Steinadler der drittgrösste einheimische Greifvogel. Einige kennen die Vögel vor allem, da diese in der Luft stundenlang auf ihren schmalen, langen Flügeln kreisen. Neben „Bruchpiloten“ kommen auch Jungvögel an, welche ausgehungert sind. Es wird aufgrund der intensiven Landwirtschaft für die Eltern immer schwieriger nach Beute für ihre Jungen zu jagen.

Diesem noch vor kurzem unterernährten Tier auf dem Bild geht es übrigens gut, auch wenn es nicht so aussieht. Der Rotmilan stellt sich bei Gefahr gerne tot, hier sieht er die Gefahr in der Mitarbeiterin der Greifvogelstation. «Die Vögel hassen uns für alles was wir ihnen antun», sagte seine Pflegerin lachend.

Hintergrund:

Die Greifvogelstation Berg am Irchel ist eine überraschend kleine Anlage. Trotzdem werden hier sehr viele Greifvögel aufgenommen. Der Pflegeerfolg liegt an die 80%, dies ist auch im internationalen Vergleich ein Spitzenwert. In erster Linie steht hinter dem Erfolg die Leidenschaft und der riesige Einsatz von Andi Lischke (Biologe und Leiter Greifvogelstation), Mark Ormistion (StV) sowie der Mitarbeiterin für Umweltbildung Amber Gooijer. Zusammen mit freiwilligen Helfern, Praktikant*innen und Zivi’s betreuen sie rund um die Uhr die pflegebedürftigen Vögel.

Zudem werden viele Führungen durchgeführt, jährlich fast 5000 Besucherinnen und Besucher begrüsst und so für die Greifvögel und deren Gefährdung sensibilisiert.

Die Greifvogelstation Berg am Irchel wurde 1956 von Veronika von Stockar gegründet. Sie gründete die Station an ihrem Wohnort, im eigenen Garten. Im Laufe der Jahre entwickelte sich so eine schweizweit bekannte Anlaufstelle für verletzte Greifvögel und Eulen. In Anerkennung für ihr Lebenswerk wurde Veronika von Stockar 2007 mit die Ehrendoktorwürde der Universität Zürich ausgezeichnet.

Die Greifvogelstation Berg am Irchel ist ein Projekt der Stiftung PanEco. 96% des Betriebs der Greifvogelstation wird durch Spenden von Privaten und Gönnerstiftungen finanziert. Eine schöne Idee ist, die Patentschaft eines „Patienten“ zu übernehmen und so dessen Genesung zu ermöglichen. Als Dankeschön darf der Gönner bei der Freilassung persönlich dabei sein. Mehr Infos dazu findest Du hier: Patenschaft. Natürlich sind auch Spenden sehr willkommen: Spenden

Michael’s Beers & Beans ist ein Hobby-Blog und nicht kommerziell. Ich bin ein fotografischer Geschichtenerzähler, erzähle was ich auf einer Reise oder sonst irgendwo so aufgeschnappt habe. Dieser Post ist in Ergänzung zu meinen Bildern als Small Talk, Gedankenaustausch und Plauderei zu verstehen, hat daher weder den Anspruch vollständig, noch komplett aktuell zu sein. Alle Informationen sind ohne Gewährleistung auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Um sich in ein solches Thema zu vertiefen, empfehle ich unbedingt weitere Quellen zu überprüfen.

Besuch in der Greifvogelstation: 29.8.2020

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